Wallercup am Lago Superiore

scroll

Jean Fertig | 24.1.2022, 21:16 Uhr

Wallercup am Lago Superiore

Der Lago Superiore in Italien ist der Größte der Mantova-Seen, rund 70km südlich des Lago di Garda gelegen. Die Ursprünge des Stausees reichen bis ins Mittelalter zurück. Gespeißt wird dieses Naturidyll vom Mincio, dem Entwässerungsfluss des Gardasees. Mit etwa 30-40m Breite ist dieser relativ übersichtlich.

Der Lago Superiore hat eine Gesamtfläche von etwa 350ha, kurz vor der Mündung in den eigentlichen See teilt sich der Mincio in eine Art weit verzweigtes Delta auf. Dazu kommen viele ehemalige und aktive Systeme zur Bewässerung der umliegenden Felder, die teils auch befischt werden dürfen.
Die durchschnittliche Seetiefe beträgt etwa 3-4m, jedoch sind viele Strukturen und tiefere Löcher vorhanden. Es gibt große, „feste“ Inseln und sowie einige riesige Lotusfelder, die durch die Einfuhr dieser asiatischen Pflanzen in den 1920er-Jahren entstanden sind. In den Sommermonaten präsentieren sich ein wunderschönes weiß-rosa Blütenmeer. Durch das Alter des Gewässersystems ist fast durchgängig eine sehr dicke Schlammschicht vorhanden – zwei Meter Schlamm über Grund sind keine Seltenheit.
Das Flussdelta ist durch sehr schmale Verästelungen geprägt, teils ist die Fahrrinne nur wenige Meter breit, dafür aber mitunter über vier Meter tief. Das vermeintliche „Ufer“ ist an einigen Stellen meterweit unterspült. Sehr stark bewachsene, kleine Seitenarme gehen nicht selten in weitflächigen „Pools“ auf.
Diese sind oft flach und voller Grundbewuchs. Vor dem Delta ist der Mincio auch in der Fahrrinne breiter und relativ geradläufig, hier wechseln sich flache Bereiche mit Seerosenfeldern und tiefere, unterspülte Ufer ab. Auf etwa 10km ist der Fluss hier befisch- und befahrbar, danach wird die Gewässertiefe zu gering um ihn mit dem Boot durchkreuzen zu können.

Die Uferangelei lässt sich kaum betreiben. Sowohl am Fluss- als auch Deltateil ist dieses fast nicht zu erreichen, ohne sich durch widrigstes Unterholz zu kämpfen. Am See selbst gibt es einige, wenige Uferstellen, wobei diese oft von einheimischen Anglern besetzt sind. Die einzig sinnvolle Möglichkeit ist hier die Nutzung eines Bootes. A propos Boote: Auf dem Gewässersystem sind touristische Ausflugsboote, Naturliebhaber, Kanuten und andere Angler unterwegs. Dies ist bei der Angelei, gerade im Hinblick auf Abspannen genaustens zu beachten. Wer hier rücksichtslos agiert wird nicht nur Ärger mit den Einheimischen, sondern auch nachvollziehbarerweise mit dem Camp bekommen. Wir sind an diesem wunderbaren Gewässer Gäste und sollten uns so verhalten, dass sich niemand gestört fühlt. Dazu gehört es zum Beispiel auch sämtliche Schnüre kurz nach dem eigenen Boot abzusenken
Das Wallercamp Amici del Siluro, vormals La Motta, bietet hier die Möglichkeit sein Auto sowie Hab und Gut auf einem sehr schönen Gelände gesichert unterzubringen. Außerdem werden die üblichen Leistungen angeboten – Bootsvermietung, Guiding, Service, Köderfische, Kühlschränke, Strom, sanitäre Anlagen, etc.
Der Inhaber und Mann vor Ort, Benni, lebt das Angeln und verbringt mit Ausnahme des Winters fast jede Nacht auf dem See. Dementsprechend groß ist das Wissen um das Gewässer und den Zielfisch.

Für mich war es im Oktober der dritte Trip in 2021 an den Lago. Sowohl im Juni als auch im August konnte ich einige gute Fische fangen. In der Oktoberwoche war der letzte La-Motta Cup angesetzt, ein Wettkampf bei dem es verschiedene Reisegutscheine zu gewinnen gab. Begleitet wurde ich von meinem Freund Kai, der sich noch relativ spontan entschied mitzufahren. Die Anreise verlief problemlos, wir fuhren Freitag Mittag sehr zeitig nach der Arbeit zuhause los. So kamen wir gegen Mitternacht vor Ort an, warfen unsere Liegen aus dem Auto und konnten bis Samstag morgen noch dringend notwendigen Schlaf tanken.

Das Reglement des Cups war denkbar einfach: Pro Team zählte jeder Waller über 120cm in die eigene Gesamtwertung ein, zusätzlich wurde auch der größte Waller überhaupt prämiert.
Gefangene Fische bis zwei Meter waren auf ein Maßband zu legen und mit dem Handy abzufilmen. Fische über zwei Meter hätten entweder von einem anderen Team verifizert oder vom Campleiter vermessen werden müssen.
Einige bekannte Gesichter waren ebenfalls vor Ort und für die Meisten war der Cup weniger ein Wettkampf, denn ein Angeln unter Gleichgesinnten mit leichter Spannung, wer denn gewinnen würde. Im Gegensatz zum Sommer waren die Tage, oh Wunder, wesentlich kürzer. Um die Montagen nicht im Dunklen setzen zu müssen sollten diese allerspätestens um 19.30 Uhr ausgebracht sein. Das ist uns bis auf eine Ausnahme nie gelungen.
Wir gingen jeden Mittag mit fast allen Teilnehmern auswärts essen, anschließend fingen wir in umliegenden Gewässern unsere Köderfische. Bis wir dann zurück im Camp waren und unser Boot gepackt hatten war es meist fast 16.30. Dann anschließend eine gerechnete Stunde bis zur Ankunft am geplanten Angelplatz, Spots genau erkunden und sechs Ruten möglichst gut setzen – schon war es wieder dunkel.



Die ersten beiden Tage konnten wir keinerlei Biss verzeichnen. Obgleich wir uns bekannte Plätze befischten und diese auch sehr unterschiedliche Angelmöglichkeiten boten, schafften wir es nicht Attacken auf unsere Köderfische zu bekommen. Die anderen, sehr guten Teams konnten in dieser Zeit ebenfalls keine wirklich nennenswerten Fische vermelden, aber immerhin bekamen sie Bisse und landeten Waller knapp unter der Wertungsmindestlänge. Daraufhin änderten wir unsere Strategie ab und verlagerten unseren Angelbereich ins Delta. Dort hatten wir dann auch die ersten Bisse und Fänge. Die U-Posen in den tieferen Bereichen blieben unangetastet, die in teils nur 50cm tiefes Wasser gespannten Ruten brachten Kontakte.
So setzten wir unser Boot in der vierten Nacht auf einen weitläufigen Flachbereich im Fluss und spannten fast alle Köderfische zentimetergenau in flache Lücken im Kraut. Dieses Vorgehen entpuppte sich als richtig, wir bekamen zahlreiche Bisse. Es handelte sich wohl mutmaßlich um kleinere Waller, denn kaum einer blieb sicher am Haken hängen, geschweige denn dass sie die Reißleine sprengen konnten. Dennoch war uns in dieser Nacht unser erster Wertungsfisch vergönnt.
Auch bei den anderen Teams wurde es nun etwas besser, obwohl auch sie scheinbar hart um jeden Biss kämpfen mussten.
Für die vorletzte Cupnacht entschieden wir uns die flache Strategie beizubehalten und beangelten einen der flachen Pools. Hier machten wir jeden Kanal mit einer Rute zu, um jeden Fisch abzufangen, der versuchen sollte hier Beute zu machen. Nach einigen Hechtfehlbissen konnte Kai in der Morgendämmerung unseren zweiten Wertungsfisch in einem tieferen Eingang fangen, der uns in Führung brachte.
Wegen der geänderten Wettersituation entschieden wir uns in der letzten Nacht aufs Ganze zu gehen und noch einen Versuch im großen Hauptsee zu wagen. Die Ruten blieben aber in dieser Nacht stumm – dachten wir zumindest. Einige unserer Köderfische hatten eindeutige Macken, wegen der weiten Angeldistanz konnten wir die eher vorsichtigen Bisse aber nicht erkennen. So blankten wir auch in der letzten Cupnacht. Doch nicht nur wir, sondern auch die anderen Teams konnten keinen Wertungsfisch mehr vorlegen, weswegen wir mit wenigen Zentimetern Gesamtsieger wurden.
Gerade in den letzten Tagen kam dann aber doch bei jedem Teilnehmer etwas Ehrgeiz durch – gerade weil der Ausgang völlig offen war. Zwei mittlere Waller hätten jedem zum sicheren Sieg gereicht.

Zwischen den ersten drei Plätzen lagen nur 5cm! Der größte im Cup gefangene Waller maß 138cm, den wir um 3cm verfehlt hatten. Woran lag es, dass genau diese Woche so schlecht war? Darüber kann man nur mutmaßen, denn das Gewässer beherbergt durchaus wahre Giganten.

Kai und ich verbrachten unterdessen unsere letzte, freie Nacht wieder am Flussabschnitt. Dort konnte ich morgens noch einen der zahlreichen Hechte des Gewässers fangen. Ein kleiner Trost dafür, dass die bezahnten Räuber uns doch mehr als einen Köderfisch geklaut hatten.

Obgleich die Fänge überschaubar waren, war dieser Urlaub wieder ein Höhepunkt meines Angeljahres und zeigt wieder deutlich, dass Angeln mehr als nur Fische fangen ist. Freundschaft, Teamwork, Natur, natürlich aber auch das Fangen. Was mich aber jedes Mal am meisten in seinen Bann zieht: Spätestens nach wenigen Tagen auf der Pirsch gibt es kein anderes Leben mehr vor oder nach dem Angeltrip – Der gesamte Fokus ist darauf ausgerichtet, wie man am Abend angelt und möglichst DEN Fisch fängt. Ohne Kompromisse.

Im Jahr zuvor konnte mein Freund Sebbo dort einen Waller mit 2,48m und ich im Juli einen mit rund 2,30m fangen.
Hier noch die Artikel:
Wallerangeln im Sommer in Italien
Dolce Waller – Eine Woche Welsangeln in Italien
Diese Website verwendet Cookies. Indem Sie die Website und ihre Angebote nutzen und weiter navigieren, akzeptieren Sie diese Cookies. Dies können Sie in Ihren Browsereinstellungen ändern.

Akzeptieren >